Marketing Automation

 

Gastbeitrag

Relevanz statt Reichweite

Im Digitalen Zeitalter ist es für Unternehmen einfacher denn ja, ihre Kunden zu erreichen – theoretisch. Denn sie müssen deren Aufmerksamkeit mit einer Fülle von anderen Impulsen teilen. Reichweite allein ist daher kein brauchbares Kriterium für Marketing-Erfolg. Es kommt vielmehr darauf an, die Zielgruppe genau zu kennen und ihr relevante Inhalte anzubieten. Die dafür nötigen Informationen lassen sich mit intelligenten Algorithmen automatisiert aus vorhandenen Daten gewinnen. Entsprechende Tools sind bereits erfolgreich im Einsatz.

Informationsbereitstellung ist kein Differenzierungsmerkmal mehr

Die Digitalisierung hat die Voraussetzungen für die erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung von Produkten in den letzten zehn bis 15 Jahren grundlegend umgewälzt.
Im Zeitalter der Digitalisierung sind Informationen transparent, jederzeit und überall verfügbar und damit auch ganz nahe an die Kunden herangerückt. Die Bereitstellung von Informationen ist im mobilen Zeitalter, in dem bereits mehr als drei Viertel der Bevölkerung mit Smartphone oder Tablet umgeht, kein Differenzierungsmerkmal mehr.

Im Gegenteil, die (potenziellen) Kunden sind einer ständig wachsenden Flut von Inhalten und digitalen Informationen ausgesetzt. Ihre digitalen Aktivitäten von Netflix über Chats bis zu Online-Spielen, nehmen weiterhin stark zu; die Zahl der Impulse, die aus dem Web, beispielsweise von Facebook oder WhatsApp, auf sie einprasseln wächst.

Die insgesamt zur Verfügung stehende Zeit wächst aber nicht mit – der Tag hat letztendlich weiterhin nur 24 Stunden. Also sinkt die Zeitspanne, die Kunden für einen einzelnen Impuls erübrigen können. Immer mehr Kanäle, mehr Produkte und mehr Anbieter konkurrieren um ein begrenztes Zeitbudget.

Aufmerksamkeit gewinnen

Für das Marketing bedeutet diese Entwicklung, dass es heute vergleichsweise einfach ist, die Kunden zu erreichen; es ist recht leicht, einen Newsletter aufzusetzen oder eine Bannerwerbung bei Google zu buchen, und man kann dabei beachtliche Reichweiten erzielen.

So einfach es aber ist, die Kunden zu erreichen, umso schwieriger ist es, dabei auch tatsächlich ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Denn: Das stetige Mehr an Impulsen hat einen merklichen Effekt: So konnten sich Menschen laut einer Microsoft-Studie vor vier Jahren noch durchschnittlich zwölf Sekunden auf ein Thema konzentrieren, bevor der nächste Impuls die Aufmerksamkeit auf das nächste Thema lenkt – heute sind es nur noch acht.
Und in dieser Zeitspanne müssen alle Informationen und Argumente vorgebracht werden, um die Grundlage für die Entwicklung eines Kaufbedürfnisses bei der Zielgruppe zu schaffen.

Punktlandung mit dem richtigen Content

Der Schlüssel, der aus dieser Zeit-Falle herausführt, heißt Relevanz. Wer als Anbieter seine Kunden nicht kennt, nicht segmentiert und unfokussiert mit Informationen zuschüttet, hat keine Chance, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Werbung wird nur dann zum Kaufimpuls führen, wenn die Empfänger die Informationen sie in ihrer konkreten, womöglich sehr individuellen Entscheidungssituation als wichtig und nützlich empfinden.

Das werden sie aber nur, wenn Inhalt und Art der Information „passen“.
Anders formuliert: Reichweite allein führt nicht zur Konversion, ohne Relevanz ist Reichweite im digitalen Zeitalter wertlos. Content jeglicher Art muss die richtigen Personen zum richtigen Zeitpunkt, auf den richten Kanälen, mit den passenden Botschaften erreichen. Soweit nicht neu, aber im digitalen Marketing-Mix wichtiger denn je.

Daten als Rohmaterial von Relevanz

Das Marketing muss dazu über genügend und die richtigen Daten verfügen, die zu Informationen gemacht und aus denen Entscheidungen für den optimalen (individuellen) Marketing-Mix abgeleitet werden können („welches Produkt zu welchem Preis für welches Kundensegment über welchen Kanal mit welcher Kommunikation?“).
Es muss dafür alles ausgeschöpft werden, was Wissen über einen Kunden verschaffen kann, von der Kundenhistorie über Klickverhalten bis zur Auswertung der Aktivitäten anderer Kunden.

Grundsätzlich gilt hier die Devise „viel hilft viel“, aber es liegt auf der Hand, dass die Auswertung dieses Rohmaterials an Daten nur automatisiert erfolgen kann. Man muss also mit geeigneten Algorithmen analysieren – vielleicht mit Hilfe künstlicher Intelligenz, wobei es oftmals auch viel einfacher funktioniert – was denn genau vom jeweiligen Kunden beziehungsweise Segment als relevant empfunden und betrachtet wird, mit welchem Mix man einen Kunden also konkret „abholen“ kann.

Natürlich verfügen Plattformen wie Amazon längst über das entsprechende Wissen, allerdings ist klar, dass dieses vor allem im eigenen Interesse der Plattform eingesetzt wird. Es werden also nicht notwendigerweise andere Interessen als die eigenen vertreten, Produktanbieter sollten sich also schon selbst darum bemühen, intelligente Marketingprozesse aufzusetzen, also Algorithmen zu implementieren. Den Käufer zu erreichen wird zur Kernaufgabe auch der Hersteller, dem Handel kann in Zeiten der Digitalisierung diese Aufgabe alleine nicht mehr überlassen werden.

Intelligente Marketingautomatisierung in der Praxis

Wie das in der Praxis funktionieren kann, lässt sich sehr gut am Beispiel der Buch- und Verlagsbranche zeigen. Auf einer individuellen Ebene erstellt intelligente Automatisierung für jeden Kunden maßgeschneiderte Empfehlungen, die etwa vor der Auslieferung an den Handel in E-Books automatisch platziert werden können.

Automatisierung lässt sich aber auch bei der Preisgestaltung einsetzen: Werden beispielsweise zeitlich begrenzte Sonderpreise festgelegt – die der Buchpreisbindung unterliegen –, so mussten sich Verlage bisher auf das Bauchgefühl verlassen – welcher Preis ist für welches Produkt für welchen Zeitraum optimal? Marketingautomatisierung kann hier aus den Daten über das bisherige Verhalten aller Kunden die genaue Preiselastizität errechnen, also den in Hinblick auf Umsatz und Kosten richtigen Preis.

Entsprechendes gilt für die Bildung von Schlagworten, die erst für die Auffindbarkeit sorgen. Bisher werden sie intuitiv vergeben, durch Automatisierungswerkzeuge wird nicht nur Zeit gespart, sondern auch die Sichtbarkeit im Web deutlich verbessert – weil gemessen werden kann, über welche Suchbegriffe die jeweilige Zielgruppe auf den Plattformen erreicht wird. Bei Sachbüchern lassen sich so allein durch die von Algorithmen gesteuerte Verschlagwortung Umsatzsteigerungen von mehr als 30 Prozent erreichen.

Die genannten Beispiele zeigen, dass intelligente Automatisierung im Marketing keineswegs bloße Zukunftsmusik ist. Entsprechende Lösungen sind erfolgreich im Einsatz, sie sorgen dafür, dass Marketing intelligenter und erfolgreicher wird.

 

Autor:
Ralf Biesemeier, Geschäftsführer von readbox in Dortmund

 

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