Lean EAM und Digitalisierung

Bedingt durch Industrie 4.0, Automatisierung, künstliche Intelligenz, Big Data oder Cloudnutzung müssen sich Unternehmen bezüglich ihrer IT-Landschaft auf mehr Geschwindigkeit und eine höhere Komplexität einstellen, gleichwohl sie unter Alt-Systemen leiden. André Christ, Geschäftführer bei LeanIX, im Gespräch mit der Redaktion über die Digitalisierung und die Rolle von Lean EAM.

 

Herr Christ, welche Rolle spielt in diesem Kontext Enterprise Architecture Management?

Die Geschwindigkeit wird tatsächlich der entscheidende Faktor sein, wenn Enterprise Architecture Management (EAM) auch in Zukunft geschäftsfördernd sein soll. EAM bringt Elemente der Informationstechnologie mit den geschäftlichen Tätigkeiten eines Unternehmens zusammen.

Bisher sorgte ein gut justiertes EAM vor allem für Stabilität und Nachhaltigkeit, doch eine IT-Architektur kann nur zeitweise stabile Plattformen herstellen. Um der neuen Herausforderung “Tempo” gerecht zu werden, muss EAM schneller werden und agilere Methoden verwenden.

Ein hoher Fokus auf User Experience (UX) sowie die Nutzung von Advanced Analytics und Machine Learning für die Ableitung von Handlungsempfehlungen sind hier die Schlüssel. Dann kann EAM eine entscheidende Rolle in Transformationsprozessen spielen.

Zusammen mit dem Business Process Management (BPM), das den Input über das “Wie” gibt, und der Configuration Management Database (CMDB), die das “Was” liefert, ist das Enterprise Architecture Management entscheidend für das “Warum”. Es ist das ausschlaggebende Indiz für jede Entscheidung im Unternehmen.

EAM bringt alle Informationen von BPM, IT-Service Management (ITSM), CMDB und vielen weiteren Informationsquellen im Unternehmen zusammen und visualisiert diese Daten, sodass schnell und einfach Erkenntnisse über das “Warum” erlangt werden können.

 

Wo positionieren Sie sich hier mit Ihren Lösungen?

LeanIX ist vor allem intuitiv, kollaborativ und integrativ. Zahlreiche Konnektoren zu bspw. ServiceNow, Signavio, Technopedia, Slack oder SAP sorgen für den nötigen Dateninput, dienen aber auch als Informationsabnehmer oder stellen Wissensträgern im gesamten Unternehmen einen einfachen Weg zur Verfügung, Informationen zur Architektur beizutragen.

Damit ist die größte Hürde der Enterprise Architecture-Programme in Unternehmen genommen: Woher bekomme ich die Daten? Wie bekomme ich sie ins System? Und was muss ich machen, damit sie valide und konsistent bleiben?

Komplexität mit Komplexität zu bekämpfen hat noch nie funktioniert. LeanIX ist der Katalysator der Dinge, die bereits im Unternehmen sind, sie zusammenführt und daraus Erkenntnisse kondensiert.

 

Wen adressieren Sie mit LeanIX?

Prinzipiell jedes Unternehmen, das einen transparenten Überblick über seine IT-Landschaft haben will und welches seine IT aktiv einsetzen möchte, um das Geschäft voranzubringen. Das können Firmen sein, die bisher ihre IT-Strategie mit Hilfe von Excel und Visio verwaltet haben und jetzt den nächsten Schritt gehen wollen oder auch Firmen, die schon ein Tool im Einsatz haben, aber nach einer pragmatischen, nutzerfreundlichen Alternative suchen. Viele unserer Kunden sind offen für neue Technologien und wollen sich und ihre IT durch die Zusammenarbeit mit uns weiterentwickeln.

 

Mit welchen Frage- und Problemstellungen kommen potenzielle Kunden auf Sie zu?

Die Problemstellungen der Kunden fallen grundsätzlich in drei Kategorien:

1) Komplexität reduzieren
2) Compliance sicherstellen
3) Wachstum ermöglichen.

Als Beispiel für 1) lässt sich die Harmonisierung einer IT Landschaft nach einem M&A nennen. Durch Planung der Roadmap werden Synergien realisiert und dadurch Kosten gespart.

Ein wichtiges Thema für 2) ist die Umsetzung und kontinuierliche Sicherstellung das die Anforderungen von GDPR eingehalten werden. Den Überblick über sensitive Daten liefert LeanIX und schützt damit für kostspieligen Risiken.

Das Wachstum in 3) wird z.B. durch die Unterstützung bei einer Cloud-Transformation ermöglicht.

 

Wie genau hilft LeanIX hier, wie lösen Sie diese Probleme? Inwieweit können Unternehmen Stärken und Schwächen in ihrer IT-Landschaft mit Ihrer Lösung erkennen?

Mit unserer Software können Firmen einfach und schnell eine Bestandsaufnahme ihrer IT vornehmen. Dank offenen APIs oder Excel-Import können bestehende Informationen zum Start leicht übernommen werden. Auf der Basis umfassender und einfach konfigurierbarer Analyse und Visualisierung liefern wir unseren Kunden eine Art Stadtplan – ähnlich wie Google Maps – ihrer IT.

Wir klären somit viele Fragen des IT-Managements: Welche Software ist im Einsatz? Wer nutzt sie? Und ist die Software auf dem aktuellen Stand? Dabei wird nicht nur der Stand der Technik erfasst, sondern auch Informationen zu dem Unternehmen, den Geschäftsprozessen und den Bereichen, die die Anwendungen unterstützen.

Je komplexer die Technik, desto wichtiger ist das Thema Enterprise Architecture Management (EAM), dass unser Marktsegment beschreibt.

 

Die Steuerung von Informationsflüsse und Schnittstellen zwischen den Anwendungen stellt sich oft als eine große Herausforderung dar. Ist es Anwendern Ihrer Lösung auch möglich die vielen unterschiedlichen Informations- und Prozessflüsse zu visualisieren?

Datenflussdiagramme und Applikationsübersichten sind ein wichtiger Bestandteil des Enterprise Architecture Managements, da sie Überblick verschaffen und bei Bedarf bis auf IT-Komponenten-Ebene in die Tiefe gehen können. Das kann man sich vorstellen, wie ein Fallschirmsprung präzise aus 10.000m in einen Heuballen.

Diese Visualisierungen können vom Enterprise-Architekten auch ad-hoc und individuell konfiguriert werden, wenn bspw. in einem Meeting oder bei der Entscheidungsfindung eine ganz konkrete Frage geklärt werden muss. Binnen Sekunden können so Zusammenhänge dargestellt und verstanden werden.

 

IT-Systeme müssen häufig immer schneller auf sich ändernde Geschäftsprozesse abgestimmt werden. Wie unterstützt Ihre Lösung hier die Zusammenarbeit mit dem Business?

Der Visualizer ist Teil unseres Advanced Analytics Frameworks, welches Kunden in die Lage versetzt, schnell und einfach beeindruckende Visualisierungen mittels einer Massen von Daten zu erzeugen, Abhängigkeiten aufzuzeigen und daraus Erkenntnisse zu generieren.

Das Meta-Modell von LeanIX sieht Prozesse und Business Capabilities out-of-the-box vor. Über Integrationen beispielsweise zum BPM Softwarehersteller Signavio müssen diese aber nicht direkt gepflegt, sondern werden automatisch in beiden Systemen synchron gehalten. Integrationen in ITSM Tools, wie ServiceNow stellen auf die selbe Weise alle Informationen zu IT-Komponenten, Applikationen und Ihre Abhängigkeit zu Prozessen in Echtzeit zur Verfügung.

Die daraus entstehenden Reports dienen als Grundlage, um IT und Business auf den selben Nenner zu bringen und damit Entscheidungen schneller voran zu treiben, da alle Beteiligten im Unternehmen dasselbe Verständnis über den Ist- und Soll-Zustand haben.

 

Kosten und Dauer von Implementierung neuer Technologien sind für Unternehmen ein wichtiger Faktor. Wie verhält es sich hier mit Ihrer Lösung?

Wir sind uns über die Wünsche und Anforderungen unserer Kunden im Klaren und legen großen Wert auf Effizienz und Effektivität. Das fängt schon bei der Implementierung von LeanIX selbst an. Die Einführungsphase dauert 30 Tage und hält zum Abschluss dieses Zyklus’ einen ersten Report über die Applikationslandschaft bereit.

Das Problem bei der Einführung neuer Technologien sind meistens nicht die Technologien selbst, sondern die Ungewissheit über die Abhängigkeiten dieser. Denn im Zusammenspiel mit allen anderen Technologien im Unternehmen erzielen sie Mehrwerte und verursachen nicht nur Kosten.

LeanIX steht kurz davor, die EA-Tools im Bereich Artificial Intelligence und Machine Learning zu revolutionieren. Eine Recommendations Engine in Kombination mit einem zentralen lernenden System, zu welchem all unsere Kunden aktiv beitragen können, werden Aktionen automatisch vorgeschlagen und bei Bedarf auch direkt gesetzt.

 

Quergefragt – Stichwort Automatisierung:

Unternehmen sind auf den Weg in die Automatisierung – in welchem Kontext stehen hier EAM und EAM-Tools und welche besonderen Vorteile können damit generiert werden?

Eine der größten Herausforderungen in der IT ist die Sicherstellung der Datenqualität. Daraus resultierend ist es extrem wichtig für IT Organisationen Daten zwischen den Systemen synchron zu halten, da man Redundanzen nie ausschließen kann. Viele Systeme sind darauf angewiesen die Daten lokal vorzuhalten und diese weiter zu verarbeiten. Früher war die Pflege der Daten häufig die Aufgabe der Auszubildenden. Da die Masse an Daten enorm zugenommen hat ist es heutzutage ein Ding der Unmöglichkeit diese manuell zu pflegen oder auch nur manuell zu importieren.

Automatisierungen müssen her. Daher investieren wir bei LeanIX extrem viel Zeit in die Integrationen mit anderen Tools, wie beispielsweise der BPM Lösung Signavio oder der ITSM Suite ServiceNow. Die Integrationen arbeiten immer in Echtzeit. Das ist vor allem für Enterprise Architecture sehr wichtig, da es hier um den Durchstich vom Big Picture zum Detail geht.

Die Konnektoren müssen auch frei konfigurierbar sein, da IT Systeme heutzutage sehr anpassbar sind, um sie auf die Prozesse der Unternehmen anzupassen. Ein intuitives Feldmapping zwischen den Systemen, welches auch Relationen abbilden kann und eigenständig anpassbar ist, ist hier unabdingbar.

 

Stichwort RPA:

Analysten und Experten gehen davon aus, dass in Unternehmen künftig Bots mehr und mehr Tätigkeiten übernehmen. Was bedeutet das für das EAM? (Transparenz, Gefahr von SchattenIT?)

Ganz im Gegenteil – der Alltag in modernen Unternehmen ist sehr hektisch und geprägt von Prioritäten. Da kann auch schonmal eine Info hier und da unter den Tisch fallen. Das würde einem Bot niemals passieren. Er schreibt die Informationen einfach direkt in alle relevanten Systeme. Neuronale Netze hinter der AI, die den Bot treibt, sorgen auch gleich dafür, dass auch neue Systeme automatisch mit in den Informationsfluss aufgenommen werden.

LeanIX wird in Zukunft nach dem selben Schema arbeiten. Im ersten Schritt wird die Recommendations Engine den Nutzern Vorschläge über sinnvolle Ergänzungen in den Beschreibungen oder das Setzen bestimmter Relationen bspw. von einer Business Capability wie “Rechnung schreiben” zu einer Applikation wie SAP zu machen. Damit können wir dabei helfen, jedem im Unternehmen erfolgreicher zu machen und kontinuierlich dazu zu lernen.

Auf den EA Connect Days, der LeanIX Enterprise Architecture Conference in Europa und USA, hören wir regelmäßig Erfolgsgeschichten über Mitarbeiter in Unternehmen, die durch LeanIX ungeahntes Wissen im Unternehmen streuen konnten und so dabei geholfen haben Projekte zum Erfolg zu führen. Vor allem Mitarbeiter, die bereits seit vielen Jahren im Unternehmen sind, setzen viele Dinge und viel Wissen bei neuen Kollegen einfach voraus.

LeanIX gibt Ihnen die Möglichkeit, all Ihr Wissen über die IT Landschaft schnell und einfach hochzuladen. Der Teufel steckt leider meist im Detail, die LeanIX Recommendations Engine hilft genau in diesem Fall die Lücken aufzufüllen.

 

Herr Christ, vielen Dank für das Gespräch

 

 

 

Unser Interviewpartner:

André Christ

André Christ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen in die Lage zu versetzen, bessere Produkte und Dienstleistungen anzubieten, indem sie diese auf eine moderne IT-Architektur umstellen.

Er war Mitbegründer von LeanIX, dessen SaaS (Software as a Service) Enterprise Architecture-Tool heute von mehr als 120 globalen Marktführern wie Adidas, Merck und Santander sowie schnell wachsenden Technologieunternehmen wie Zalando eingesetzt wird.

LeanIX hilft, eine 360-Grad-Transparenz der aktuellen IT-Landschaft zu schaffen und ermöglicht es Unternehmen, ihre IT-Roadmap zur Erreichung ihrer Geschäftsziele zu planen und umzusetzen.

LeanIX hat Büros in Bonn und Boston und wird von führenden Investoren wie Deutsche Telekom Capital Partners, Capnamic Ventures und Iris Capital unterstützt. Bevor André LeanIX startete, sammelte er umfangreiche Erfahrungen als Management Consultant beim weltweit größten Logistikdienstleister DHL.

In dieser Funktion beriet er CIOs und IT-Leiter zu strategischen Themen an der Schnittstelle von Business und IT. Die Projekte umfassten die Durchführung eines globalen Programms zur Reduzierung der IT-Komplexität und die Optimierung eines IT-Service- und Kostenrechnungsmodells für ihre weltweiten Rechenzentren. Während seines Studiums der Wirtschaftsinformatik in Münster und Montpellier baute er moderne Softwarearchitekturen für Start-ups und Großunternehmen.

 

Weiterführende Informationen zum Unternehmen:
https://www.leanix.net/de

 

 

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