EIM: Informationen werden zum Geschäftsvorteil

Mit Blick auf die Zukunft der Information ist es nicht leicht, mit der Technologieentwicklung mitzuhalten. Dabei ist der Wandel vom „Enterprise
Resource Planning“ (ERP) hin zu „Enterprise Information Management“ (EIM) als Informationssystem der Zukunft bereits in vollem Gange. Die Verarbeitung von strukturierten und unstrukturierten Daten stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen, bietet jedoch große Chancen.
Ein Gespräch mit Roger Illing, Senior Vice President Enterprise Sales Europe, und Lars Drexler, Vice President Solution Consulting EMEA beim Digitalisierungsexperten OpenText.

Die Digitalisierung bringt Unternehmen klare Vorteile. Warum haben trotzdem relativ viele Menschen Angst davor?
Roger Illing: Das ist in der Tat ein sehr wichtiger Punkt. Natürlich werden manche Prozesse, die zuvor von Menschen erledigt worden sind, nun von der IT abgearbeitet. Das gilt nicht nur für die Produktion mit ihren Robotern, sondern auch für informationsverarbeitende Prozesse. Schon heute haben von den 70 000 Mitarbeitern einer Bank womöglich nur noch 10 000 regelmäßigen Kundenkontakt. Zukünftig wer­den noch mehr dieser Prozesse automatisiert ablaufen. Diese Entwicklung ist aber nicht nur negativ, sondern bietet auch Chancen wie mehr Flexibilität, Kreativität und Freiraum für die Mitarbeiter. Das sind im Übrigen alles Punkte, die der nächsten Generation von Arbeitnehmern, den Millennials, sehr wichtig sind.

Die Millennials sind mit der Digitalisierung aufgewachsen. Inwiefern spielen diese privaten Erfahrungen eine Rolle?
Lars Drexler: In vielen Bereichen des Alltags machen User leider immer noch negative Erfahrungen mit der Digitalisierung. Das liegt unter anderem auch daran, dass viele Angebote im Netz sehr binär daherkommen: Es gibt ein Produkt und einen Preis. Möglicherweise ist das Angebot für den User sogar komplett irrelevant. Diese Art der Digitalisierung bringt wenig Mehrwert. Interessant für den potenziellen Kunden wird es erst dann, wenn maßgeschneiderte Informationen durch unstrukturierte Informationen angereichert werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die Benutzerrezensionen im Online-Kaufhaus. Jede einzelne Bewertung ist sehr subjektiv. In Summe vermitteln sie aber ein gutes Bild über das, was den Käufer erwartet. Auch im beruflichen Umfeld sollten Mitarbeiter jederzeit für sie relevante Informationen mit anderen Daten in Verbindung bringen können.

  • Digitale Transformation umfasst nicht nur die Optimierung einzelner Geschäfts­prozesse sondern auch eine Neuausrichtung des Unternehmens bis hin zu neuen, digitalen Geschäftsmodellen.
  • Ein ganzheitliches Informationsmanagement bricht Informationssilos im Unternehmen auf und sorgt für die umfassende Verwaltung und Analyse des Informationsflusses.
  • Mit Enterprise-Information-Management-(EIM)-Systemen lassen sich sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten und Abläufe im Unternehmen auffinden, verwalten und gewinnbringend einsetzen.

Was müssen Unternehmen tun, um dieses Ziel zu erreichen?
Roger Illing: Die Zukunft gehört den EIM-Plattformen. EIM steht für „Enterprise Information Management“. Darunter verstehen wir die Möglichkeit, unstrukturierte Daten in den Griff zu bekommen. Das können Dokumente und Präsentationen sein, die in unterschied­lichen Ordnern lagern, aber auch Videos, Bilder, Folien und viele andere Medien. In diesen Materialien schlummern wertvolle Informationen, die mit klassischen Methoden nicht genutzt werden können. Die Menge, Vielfalt und Geschwindigkeit dieser Informationen machen sie immer schwerer verständlich und verwendbar, sogar dann, wenn sie unverzichtbar für den Unternehmensalltag werden. Mit Blick auf diese Vorteile werden EIM-Plattformen sich durchsetzen und einen ähnlichen Wandel einleiten wie ERP-Systeme in den 90-er Jahren.

Welche Rolle spielen Prozesse dabei?
Lars Drexler: Klar definierte Prozesse sind die Basis, um überhaupt als digitales Unternehmen auftreten zu können. Unternehmen sollten nicht den Fehler der frühen Internetjahre wiederholen, als viele Webserver aufgesetzt wurden, ohne dass sich jemand Gedanken über die grundlegenden Prozesse gemacht hat. Dabei kommt es gerade darauf an, wenn das volle Potenzial von „Electronic Data Exchange“ (EDE) in Zukunft ausgeschöpft werden soll. Dabei ersetzt EDE zunächst Papierdokumente durch elektronische Versionen. Anschließend werden die Daten in einem Dokument in einem Standardformat übermittelt, sodass Sender und Empfänger in der Lage sind, das Dokument exakt zu lesen. Das ist jedoch erst der Anfang.

Welche Entwicklungen stehen in diesem Bereich an?
Roger Illing: Ein zentrales Zukunftsthema ist, dass Produkte in Zukunft mit der Bestellung definiert werden. Noch handelt es sich dabei um große Visionen, die allerdings besonders in Verbindung mit Industrie 4.0 sehr vielversprechend sind. Noch sind viele Unternehmen auf dieses Thema nicht vorbereitet. Das Interesse daran wächst jedoch. Damit EDI in dieser Form funktioniert, kommt es vor allem auf eine integrierte Plattform an. Mit einer einfachen Anbindung an das ERP-System ist es nämlich leider nicht getan. Die Entscheidung zur Implementierung sollte vor allem auf Unternehmensebene und nicht auf technischer Ebene getroffen werden, wenn alle Vorteile einer EDI-Investition genutzt werden sollen.

Beitrag wurde veröffentlicht im Dez. 2016 im Handbuch Digitalisierung

Der Text ist unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE verfügbar.
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