Design Engineering: Dinge besser machen

Neue Strategien, neue Prozesse und neue Organisationen sind gefragt. Darüber sprach die TREND-REPORT-Redaktion mit Mukul Dhyani, Country Head Germany & Switzerland bei Wipro.

Herr Dhyani, über Digitalisierung und digitale Transformation ist in den letzten Jahren viel diskutiert und publiziert worden. Der Grundton: „Adapt or die“. Was müssen Organisationen aus Ihrer Sicht heute tun, um zu digitalen Unternehmen zu werden?
Aktuell haben rund 90 Prozent der Unternehmen eine digitale Strategie – aber weniger als die Hälfte haben bisher etwas substanziell umgesetzt. Zwischen Theorie und Praxis klafft eine große Lücke. Dabei bieten die neuen Technologien große Chancen, agiler zu werden, schneller zu wachsen und sich gegenüber dem Wettbewerb einen Vorteil zu verschaffen.

In der Vergangenheit haben Unternehmen Wünsche an die IT formuliert, um ihre Ziele zu erfüllen. Aktuell scheint es eher so zu sein, dass die Technologie einen enormen Schritt nach vorn gemacht hat und die vorhandenen Geschäftsmodelle hinterherhinken.
Das ist korrekt. Die Technologien, um die digitale Transformation umzusetzen, sind vorhanden. Jetzt geht es vor allem darum, bestehende Prozesse und Geschäftsmodelle zu analysieren und neu zusammenzusetzen. Wir nennen diesen Prozess „Design Engineering“. Unternehmen wollen Dinge besser machen, indem sie Abläufe neu definieren, eine Produktstrategie von Grund auf neu planen oder eine neue Dienstleistung anbieten. Wir helfen ihnen dabei, diese neue Strategie mit den verfügbaren, modernen Technologien zu gestalten und die neuen Lösungen optimal mit der vorhandenen In­frastruktur zu verbinden.

Es geht jetzt vor allem darum, bestehende Geschäftsmodelle zu analysieren.

Dazu müssen die IT-Berater aber nicht nur die wichtigsten IT-Entwicklungen, sondern auch die wirtschaftlichen und branchenspezifischen Zusammenhänge und den Kontext verstehen.
Ja, das stimmt. Früher bekam der CIO die Blaupause eines neuen Prozesses und kümmerte sich dann um Implementierung und Tests. Heute beginnt die Arbeit auf der Vorstandsebene. CIO und Marketing-Team legen beispielsweise fest, wie die Kundenkommunikation laufen soll, und nach die­ser Vorgabe wird der Prozess model­liert. Die Premium-Automobilhersteller in Deutschland stellen aktuell praktisch alle Abläufe auf den Prüfstand, kümmern sich aber beim Neu-Design überhaupt nicht mehr um Technologie. Die zugrunde liegende Annahme ist, dass die passende Technologie schon gefunden wird.

Das erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen dem IT-Dienstleister und dem Kunden.
IT und Business müssen bei der Umsetzung Hand in Hand gehen, das Stichwort dazu lautet „Co-Creation”. Lassen Sie es mich anhand eines Beispiels erläutern: Ein großer Automobilhersteller hat ein Problem identifiziert und kommt mit dem Wunsch auf uns zu, hier eine Veränderung herbeizuführen. Vielleicht wollen sie den Kontakt zum Kunden über einen virtuellen Showroom realisieren. Wir stellen dann ein Team aus IT-Experten, Marketingfachleuten, Designern und weiteren Spezialisten, etwa mit Ingenieur-Hintergrund, zusammen. Im ersten Schritt analysieren wir die Ausgangslage, werten große Datenmengen aus und diskutieren unsere Erkenntnisse mit dem Kunden. Danach spezifizieren wir die Anforderungen und grenzen sie ein. Diese Ergebnisse diskutieren wir wiederum mit dem Kunden und designen im Anschluss daran die aus unserer Sicht beste Lösung. Erst danach implementieren wir IT, führen Tests durch und passen die Lösung immer weiter an. Wenn wir sicher sind, kommt es zu einem großen Launch und wir nutzen dabei alle Technologien, die hier sinnvoll sind – ob Social, IoT, künstliche Intelligenz (KI), Big Data oder Cloud.

Bezogen auf Design Engineering eröffnen uns KI und Blockchain enorme Möglichkeiten.

Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz als Technologie im Rahmen des Design Engineerings?
KI hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Im Design-Engineering-Prozess sammeln wir große Mengen an Daten. Um aus diesen „Big Data” wertvolle Informationen herauszufiltern oder Muster in ihnen zu erkennen, benötigen wir KI. Menschliche Data Scientists würden enorm viel Zeit benötigen, um zu ähnlichen Ergebnissen zu kommen wie unsere bewährte Holmes-Plattform. Allerdings muss man auch einschränkend anmerken, dass die Qualität der Ergebnisse immer von der Qualität der Ausgangsdaten abhängt. Wenn diese nicht stimmt, kann auch KI nicht viel ausrichten.

Welche Technologien werden Ihrer Einschätzung nach unsere Gesellschaft in den kommenden Jahren am stärksten prägen?
Künstliche Intelligenz und die Blockchain. KI wird immer wichtiger, um die enormen und stetig weiter wachsenden Datenmengen zeitnah auswerten zu können. Mit den daraus gewonnenen Informationen sind Unternehmen dann in der Lage, ihre Abläufe immer weiter zu verbessern. Die Blockchain wird es uns ermöglichen, Transaktionen auf Mikroebene vollautomatisch, zuverlässig und kosten­günstig ablaufen zu lassen, mit sogenannten Smart Contracts. Bezogen auf Design Engineering eröffnen uns KI und Blockchain enorme Möglichkeiten, Prozesse einmal zu definieren und dann quasi auf Autopilot laufen zu lassen. Das wird die Gesellschaft und die Wirtschaft in den kommenden Jahren auf eine tief greifende Art und Weise verändern.

Weitere Informationen unter:
www.wipro.com